Ein Offener Brief an meinen Opa

Lieber Opa,

9 Jahre ist es nun schon fast her, seitdem du von uns gegangen bist. Kaum zu glauben.  Das mag sich nach einer langen Zeit anhören, aber so wie an Mutti und Omi, denke ich auch an dich jeden Tag.
Da kommen viele Geschehnisse in meinem Kopf vor, an die ich gerne dran erinnert werde und denke “Oh ja, das war so schön damals”. Diese Geschehnisse nehmen jetzt noch viel mehr zu seit dem ich Mutter geworden bin und meine eigenen Kinder habe. Wie gerne hätte ich es gehabt, dass du Matthew oder Chloe kennen lernst.
Als ich Kind war, hast du dich so liebevoll um mich gekümmert. Du warst einfach mehr als ein Opa für mich. Meinen Vater habe ich nie kennen gelernt und so hast du praktisch die Vaterrolle sowie auch die Oparolle  eingenommen.

Im Garten hast du immer dafür gesorgt, dass ich Spaß und Entertainment hatte. So warst du zum Beispiel so verrückt, dass du von deiner Garage auf dem Hof, eine Leitung in den Garten gelegt hast, nur sodass ich Radio und, wie das damals so war, Kassette hören konnte in meinem Zelt. image

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Das schönste als Kind war natürlich, als du eine Schaukel hinten im Garten für mich gebaut hattest.

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Du warst ein sehr großzügiger Mensch und hast mir des öfteren mal 10 Mark oder mehr zugesteckt obwohl ich es eigentlich nicht verdient hatte oder mein Taschengeld schon bekommen hatte. Mutti war zwar nicht beeindruckt, aber das war dir egal.

Weißt du noch die Erntezeit? Wir hatten so viel Gemüse und Obst im Garten gepflanzt. Es gab Apfelbäume, Pflaumen und Kirschbäume. Aber auch Erdbeeren, Kartoffeln, Erbsen, Bohnen und Rhabarber. Da wurden die Kartoffelkäfer von den Kartoffeln abgesammelt und die Kirschen wurden mit Omas Entkerner entfernt. Dann gab es Kirschkuchen.

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Mutti und ich wohnten im Erdgeschoss  während du und Oma im ersten Stockwerk wohnten in unserem Einfamilienhaus. Abends bin ich immer nach oben gekommen und du hattest einen Apfel fertig für mich geschnitten, den wir dann immer zusammen beim Fernsehen gegessen haben.
Du hattest auch manchmal ganz komische Essgewohnheiten. Eine Zwiebel roh, es soll ja gut für die Gesundheit sein. Deswegen hast du dann auch den Spitznamen “Zwiebel” bekommen.

Jeden Tag sahst du auf deinem Stuhl draußen in der Garage und hast Radio gehört und die Zeitung gelesen, wenn es dann das Wetter erlaubt hat. Du hast jede Zeitung und Zeitschrift studiert und manchmal sogar Artikel für die Zeitung geschrieben.
Jedoch brauchtest du auch deinen Mittagsschlaf nach dem Essen.

Dann kam die Zeit, wo ich älter wurde und du hast mir Geld spendiert, um mir  mein erstes Auto mit 18 Jahren zu kaufen. Es war ein Fiat Brava.

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1 Jahr später bin ich nach Irland als Au Pair arbeiten. Du warst ein wenig traurig, hast es jedoch voll unterstützt, denn als Rentner hattest du bei der Volkssolidarität viele Reisen hinter dir. Jedes Jahr warst du unterwegs. Egal ob in Griechenland, Zypern oder Österreich. Du hast die Welt gesehen. Die Bilder habe ich alle aufgehoben, sodass ich sie mir immer wieder anschauen kann.

Sommer 2007 war ich für einige Wochen in Deutschland und kaum war ich wieder auf irischem Boden gelandet,  bekomme ich einen Anruf von Mutti, die mir mitteilen muss, dass du im Krankenhaus gelandet bist. Es sah leider nicht gut aus. Ich weiß gar nicht genau, was die Ursache war, aber ich denke es war etwas mit dem Darm. Wie verhext, dachte ich mir, dass du einfach nicht wolltest, dass ich wieder von dir gehe in ein anderes Land.

Mit diesem Brief möchte ich damit belegen, dass ich jedoch jeden Tag an dich denke. Du wirst nie vergessen sein.  So einen tollen Menschen wie dich kann man einfach nicht vergessen. Ich hoffe dir und Oma und Mutti geht es gut da oben und ihr seid wieder vereinigt.

Bis auf bald,

deine liebe und einzige Enkelin
Janine